Flying Fortress (Wikipedia)
Die „Operation Odyssey Dawn“ (frei übersetzt: „Operation Anbruch einer langen Irrfahrt“) hat begonnen. Dass der US-geführte Einsatz gerade diesen vielversprechenden Namen trägt, finde ich verwunderlich, da ein langwieriges Engagement doch angeblich genau das ist was Obama nicht möchte, oder doch?
Das oft falsch übersetzte PR-Spitzenmotto „Operation Enduring Freedom“ (übersetzt: Operation dauerhafte Freiheit) wurde ja leider schon für den Afghanistankrieg vergeben. Nach nun bald 10 Jahren andauerndem Krieg ist das wohl nur noch ironisch zu verstehen… Na dann, auf in die Morgendämmerung einer neuen Okkupation (Operation Occupation Dawn)!
Die Einsatzbefehle für die US-Truppen in Lybien kommen übrigens aus Stuttgart von der Kommandozentrale Africom. Wem das nichts sagt, hier etwas zu dessen Aufgaben:
Afrika geriet mehr und mehr in das Aufmerksamkeitsspektrum der US-Regierung, so fand bspw. 2005 ein Militärmanöver der US-Streitkräfte, eine Antiterrorübung, in der Sahara statt. Zudem sind US-Einheiten am Horn von Afrika innerhalb der Operation Enduring Freedom vor Dschibuti beteiligt.
Da nach Schätzungen bis 2015 ungefähr 25 % des US-amerikanischen Öls aus Afrika kommen wird, arbeiten Lobbyisten seit 2002 daran, die Regierung der Vereinigten Staaten zu bewegen, eine militärische Präsenz in Afrika, hier vor allem im Golf von Guinea, aufzustellen, um gegen Wirtschaftskontrahenten – allen voran China – einen Vorteil zu erlangen bzw. neue Erdölfördergebiete für die US-Ölindustrie zu sichern.
(Wikipedia/Africom)
Konkrete Kritik am Vorgehen der Westmächte äußerte heute überraschenderweise die Arabische Liga, welche die Resolution zuvor mit beschlossen hatte. „Wir wollen Schutz für die Zivilbevölkerung und keinen Beschuss weiterer Zivilisten.“ Dies sei nicht die Art von Flugverbotszone, die das Staatenbündnis unterstützt habe, erklärte Generalsekretär Amr Muss. Auch Russland rief zu einem Ende der Angriffe auf nicht-militärischen Ziele auf. Unter anderem seien Straßen und Brücken, sowie eine medizinische Einrichtung bombardiert worden.
Thomas Pany für Telepolis mit einer äußerst interessanten Zusammenfassung der aktuellen Lage:
Die Frage, die sich nach der ersten Angriffswelle vom Meer und der Luft aus stellt, ist nicht nur, ob dies Gaddafi zum Einlenken bringen wird, ob Libyen damit einem Waffenstillstand näher gerückt ist, sondern auch, was das eigentliche Ziel dieser Operation ist. Wäre die internationale Gemeinschaft mit einem Waffenstillstand zufrieden oder geht es ihr um einen Regime Change? Und, welche Verantwortung hat sie für die Zeit danach? Was ist, wenn die Machtverhältnisse danach unklar bleiben und ein Bürgerkrieg droht?
[…] Da gibt es, was die westlichen Verbündeten anbelangt – von den arabischen ist bislang noch kaum die Rede – Erfolgsmeldungen, die sich in Teilen lesen wie einem Rüstungskatalog entnommen. So schildert das französische Nachrichtenmagazin Nouvel Observateur ausgiebig mit Marken und Namen, den Einsatz des Arsenals der Grande Nation. Ähnlich die Briten. Dass auch dieser Militäreinsatz so etwas wie eine Live-Verkaufsshow der neuesten Waffentechnologien ist, ist kein bloßes Kritikergeschwätz.
[…]
Sollte Gaddafi nicht aufgeben und sich auf eine längeren Abwehrkampf einstellen, so wird sich das bekannte Problem der Unterscheidung zwischen Zivilisten und Kämpfer auftun. Gaddafi hat erneut angekündigt, alle Waffendepots zu öffnen, er erklärte den ganzen Mittelmeerraum und Nordafrika zum Kriegsgebiet. Seine Reaktion auf das „aggressive und verrückte Verhalten der internationalen Verbündeten. Libyen würde von nun an sein Recht auf Selbstverteidigung ausüben. Das Flüchtlingsabkommen, dem die EU eine stabile Grenze der Festung Europa zu verdanken hatte, kündigte er nebenbei.
Russland, China und die Afrikanische Union verurteilten den Militäreinsatz gegen Libyen. Für Hugo Chávez ist klar, dass es den Amerikanern und den Europäern mehr um Öl als um den Schutz der Zivilbevölkerung geht. Auch Evo Morales und Daniel Ortega kritisierten die Angriffe. US-Präsident Obama ist zur Zeit zu Besuch in Lateinamerika. Dort wird er seinen ersten von ihm selbst begonnenen Waffengang gegen einige Kritik zu rechtfertigen haben. Anders als bislang betont, bestehen die USA doch auf einer Führungsrolle bei der militärischen Operation gegen Gaddafi.
Übrigens: Genau heute vor acht Jahren (20. März 2003) begann auch der Krieg in Irak, dessen Besetzung trotz Obamas Friedensversprechungen weiter andauert und dauert…